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- Ist das Geschäftsmodell klassischer Unternehmensberatungen zukunftsfähig? Ein Plädoyer für eine Neuausrichtung.
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1) Klassische Beratung verkauft in erster Linie kurzfristige Managementtrends.
Klassische Unternehmensberatung ist mit ihren Produkten und Leistungen den gleichen Marktdynamiken ausgesetzt wie andere Dienstleister. Damit einher geht die Notwendigkeit neue Trends und Entwicklungen im Bereich der Managementberatung frühzeitig aufzugreifen oder mit eigenen Aktivitäten Trends zu setzen. Auf der einen Seite bietet diese Dynamik die Chance durch neue und innovative Dienstleistungen Mehrwehrt für die Kunden zu schaffen. Auf der anderen Seite werden dadurch Modeerscheinung und „Alter Wein in neuen Schläuchen“ aufgegriffen und unreflektiert in Beratungsprojekten umgesetzt. Diese Entwicklung wird durch eine Vielzahl von nicht oder nicht ausreichend wissenschaftlich fundierten Artikeln und Büchern mit praktischen Anleitungen im Bereich Management und Leadership weiter verstärkt. Das Ergebnis sind Beratungsprojekte, welche die Kundenerwartungen nicht erfüllen und eine immer lauter werdende Kritik aus den Reihen der Managementwissenschaften.
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2) Was einmal funktioniert hat funktioniert nicht automatisch überall.
Neue Erkenntnisse aus der Organisationspsychologie betonen die Individualität und Dynamik von Organisationen. Dies geht soweit, dass in den Managementwissenschaften mittlerweile von einem „social shift“ die Rede ist. Dahinter verbirgt sich die massive Kritik an Management- Organisations- und Beratungsmodellen, die alleinig auf der Prämisse basieren, dass lineare, „one fits all“ Interventionen das geeignete Werkzeug zur Gestaltung und Veränderung von Organisationen sind. Das diese „n-step“ Modelle besonders in der klassischen Beratung zum Einsatz kommen, liegt unter anderem an deren Einfachheit, Übertragbarkeit und Faktenorientierung. Die chaotische Realität in Organisationen wird dabei meist ausgeblendet bzw. durch die Top-Down Orientierung dieser Modelle nicht wahrgenommen. Dass die Kritik an diesem Ansatz berechtig ist, lässt sich am Beispiel von Change-Programmen verdeutlichen, die nach wie vor von klassischen Beratungskonzepten dominiert werden. Nur etwa ein Drittel der Programme führt zum gewünschten Ergebnis. Zwei Drittel bleiben hinter den Erwartungen oder scheitern gänzlich.
3) Zahlen, Daten, Fakten sind nur die Spitze des Eisbergs.
Klassische Beratungen sind stark im Umgang mit Zahlen, Daten und Fakten sowie deren Analyse. Der bekannte Management Coach und Psychologe Kets de Vries bezeichnet klassische Berater deshalb etwas ironisch auch als „brains on a stick“. Spätestens wenn es um Verhaltens- und Kulturveränderungen geht oder Dysfunktionalitäten in Führung, Kommunikation oder Zusammenarbeit existieren stößt dieser eindimensionale Ansatz jedoch an seine Grenzen. Das diese Faktoren in den allermeisten Projekten eine große Rolle spielen legt das neue Verständnis von Organisationen als dynamische, soziale und emergente Netzwerke nahe. Klassische Beratung kratzt aus diesem Grund meist nur an der Oberfläche ohne die „weichen Faktoren“ ausreichend zu berücksichtigen. Hinzu kommt, dass klassischen Beratungen vielfach die notwendigen Kompetenzen in den Bereichen Psychologie, Soziologie und Organisational Behaviour fehlen.
4) Nachhaltige Veränderung kann nicht (nur) Top-Down eingesteuert werden.
In klassischen Beratungsprojekten werden Veränderungen über das Top-Management in die Organisation eingesteuert. Das Ergebnis ist ein hoher Veränderungsdruck und schnelle Erfolge. Diese sind jedoch meist nur so lange sichtbar, wie die Beratung über das Top Management den Veränderungsdruck in der Organisation aufrechterhält. Die Organisation verhält sich sozusagen wie ein Fluss, dessen Strömung durch einen gefällten Baum aufgestaut wird. Sind keine ausreichenden Strukturen im Flussbett und der Peripherie geschaffen, die den Strom nachhaltig in der neuen Führung halten, sucht sich das Wasser früher oder später einen neuen Weg um den Baum herum. Der Wasserstand und –druck sinkt wieder auf den Ausgangszustand. Diese Strukturen können jedoch nur Bottom-Up durch die Einbindung und das ehrliche Commtiment von Mitarbeitern und Führungskräften auf allen Ebenen geschaffen werden. Ohne (akzeptierter) Teil der Organisation zu sein können Berater die Rolle von „Change Agents“ nur im Ansatz erfüllen.
Unternehmensberatung wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Die Art und Weise wie diese erfolgt wird sich jedoch in den nächsten Jahren massiv verändern. Einige Argumente für eine Neuausrichtung haben wir in diesem Blog vorgestellt. Welche alternativen Beratungsmodelle bereits diese Richtung eingeschlagen haben und wie sich diese mit dem klassischen Beratungsansatz kombinieren lassen, werden wir in einem unserer nächsten Blogs vorstellen.
Referenzen:
Hughes, M. 2014. Management Change. A critical perspective. 2nd edition. London: Chartered Institute of Personnel and Development.
Smith, A. C. T. and Graetz, F. M. 2011. Philosophies of Organizational Change. Cheltenham, UK: Edward Elgar.
Giddens, A. 1984. The Constitution of Society: Outline of the Theory of Structuration, United States: University of California Press.
Kets de Vries, M. F. R. 2011. Reflections on Groups and Organizations: On the Couch With Manfred Kets de Vries. West Sussex, UK: Jossey-Bass.
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